The Fish & The Furious

Nachdem ich letztes Wochenende eine Nacht am stehenden Gewässer zugebracht hatte, zog es mich am Ende dann doch wieder an die Donau. In der Nachbetrachtung frage ich mich, wie ich die letzten beiden Jahre ohne ernsthafte Donau- Aktionen denn eigentlich „überleben“ konnte, gibt es doch im Moment fischereilich nichts herausfordernderes für mich als den großen Strom…

Dass dieser buchstäblich „hinter meinem Haus“ vorbeizieht, ist mir scheinbar die letzten Jahre  entgangen. Die bis 2012 befischten Donaustrecken waren von meinem Wohnort in ca. 30 Minuten zu erreichen, haben aber den Nachteil, dass man nirgendwo mit dem Auto hin kann. Mal eben Freitag nach der Arbeit eine einzelne Nacht Fischen ist nicht drin- und ehrlich gesagt ist meine Bereitschaft, mir ganze Wochenenden um die Ohren zu schlagen im Moment eher nicht vorhanden.
Die Donau strahlt durch ihren immerwährenden, konstanten und gemächlichen Fluß momentan eine Anziehungskraft auf mich aus, die es mir sogar erlaubt, regelmäßig und diszipliniert in nicht unerheblichen Mengen vorzufüttern. Das wundert natürlich die Kollegen, bei denen ich wegen meiner äußerst konservativen Futterweise als „Probebackerl- Hias“ abgestempelt bin, und um ehrlich zu sein, mich wundert die Konstanz und Beharrlichkeit, mit der ich zu Werke gehe, auch ein bisschen.
„Meine“ neue Strecke liegt in landschaftlich reizvollem Gebiet, und gibt mir die Chance, innerhalb von 15 Minuten am Wasser zu sein, und in weiteren 15 Minuten die Ruten in selbigem liegen zu haben. Das sorgt natürlich selbst bei einer Übernachtungsaktion für den gewünschten Erholungseffekt, und so habe ich heuer mehr als die Hälfte der Angelnächte an der Donau abgespult.
Wie auch immer, die Grundidee war, den letztmalig schon produktiven Platz nochmal unter die Lupe zu nehmen. Also erstmal durch zweimaliges Vorfüttern zwei Tage vor dem Angeln für den nötigen Futtereintrag gesorgt, und dann Freitag auf Samstag der Dinge geharrt, die da kommen sollten. Nach der Dubletten- Aktion mit umgeschmissenem Rod- Pod vor eine Woche zuvor war ich entsprechend guter Dinge, dass es wieder klappen könnte.
Prompt kam auch dieses  Mal sehr bald nach dem Einwerfen der erste Biss- aber im Gegensatz zum letzten Mal war mybigmouthes kein Karpfen, sondern einer der Nerflinge. Insofern waren also schonmal Fische am Platz- und ich war auch nach dem zweiten Nerfling gegen halb elf nicht unmotiviert, sondern hab mich eher gewundert, wie das nette Kerlchen nen 30er Boilie denn hätte fressen wollen….

Ich lauschte noch ein wenig dem Aalglockenkonzert und der zugehörigen Lichtershow am anderen Ufer. Bei der Gelegeneheit: Ich muss klar sagen, ich bin niemand, der sich über Mitangler lustig macht. Jeder angelt so, wie es ihm gefällt, mit teurer oder billiger Ausrüstung, oft oder wenig, lang oder kurz- ist alles jedem selbst überlassen. Ich sage immer, einen guten Angler erkennt man nicht an seiner Ausrüstung, oder der Anzahl der Angelstunden im Fangbuch, oder an Fischgewichten. Man erkennt einen wirklich guten Angler daran, wie regelmäßig er fängt, und noch viel mehr daran, wie er sich am Wasser verhält. Damit wären wir schon am Thema. Ich sehe an „meiner“ neuen Strecke Angler, die in Gruppen auftreten, meterhohe Lagerfeuer entzünden, und von Einbruch der Dunkelheit bis zur Morgendämmerung ihre Laternen, Kopflampen und Halogenstrahler mit VOLLGAS auf das Wasser richten. Das ganze wird malerisch von Baumfällgeräuschen, ganzen Aalglocken- Sinfonien und lautem Geschrei untermalt, falls sich doch mal ein Fisch an die Angel verirrt…
Die selben Kollegen sind es dann auch, die sich am nächsten Tag beim Gespräch über die Fänge, die miserable Besatzpolitik, und den schlechten Zustand der Ufer beschweren.
Kann man wirklich so geistig gelähmt sein?

Eine Stunde nach dem Nerfling habe ich wieder Fischkontakt. Dieses Exemplar nimmt langsam Schnur von der Rolle, macht immer wieder ne kleinere Pause. Es macht auf mich fast den Eindruck, als würde er Fisch immer wieder „Anlauf“ nehmen müssen- kann also immer noch ein Nerfling oder auch eine Barbe sein- die sind bei ihren ersten Fluchten gegen die Rute immer sehr enthusiastisch, und lassen sich dann im Drill ohne Widerstand über den Kescher führen. Ehrlich gesagt sehe ich in Gedanken einen kapitalen Weißfisch am anderen Ende der Schnur, während ich mich aus dem Auto schäle und ein paar Momente später die Rute in der Hand habe. 14er SchuppiWie so oft an der Donau habe ich die Situation im Hinblick auf die Fischart falsch eingeschätzt- der für einen Weißfisch viel zu „satte“ Widerstand gegen die Rute lässt mich auf einen kleinen Karpfen kommen, den ich dann kurze Zeit später über den Kescher führen kann. Das „große“ Programm mit Waage und Metermaß erspare ich dem Kameraden, und sehe lieber zu, wieder Futter ins Wasser zu bringen. Das konstante Nachfüttern kleinerer Mengen Pellets, Mais und Boilies hatte sich die Woche zuvor bewährt. So werfe ich mittlerweile nach jeder Passage eines Schiffs oder auch nach Weißfischbissen immer zwei bis drei Schaufeln ca. 15m oberhalb meines Angelplatzes ins Wasser. Und siehe da, zwei Stunden später klingelt es wieder, dieses Mal ist es die Rute, die ca. 10m unterhalb an der Grenze zu einem größeren Abriss am Grund liegt.
Es folgt ein Lauf, der scheinbar nicht zu stoppen ist- und der mich in einen der spannendseten Drills der bisherigen Saison verwickelt. Der Fisch wechselt zwischen Strömung und Uferbereich, so dass ich schlaftrunken im kniehohen Wasser stehe, um den Winkel ein bisschen zu verbessern. Mein Kescher macht sich derweilen selbstständig, also dem auch noch Nachwaten, um am Ende festzustellen, dass der Karpfen wieder raus in die Strömung ist, um mir in einer weiteren Flucht wieder 30, 40m Schnur von der Rolle zu reißen. Mittlerweile saugt sich meine kurze Hose voll Wasser, weil ich den buchstäblichen Schritt zu weit gegangen bin, und ich bin froh, dass ich alles empfindliche wie Handy, Autoschlüssel und so weiter immer vor dem Schlafen sauber verstaue. Das Telefon hätte diese Aktion sicher nicht überstanden…
Ich weiß nicht wirklich, wie lange es dauert, bis ich den Karpfen im Kescher habe- als ich ihn das erste Mal sehe, denke ich mir „Wie bitte, du kleiner A**** machst hier so nen TamTam??“. Am Ende hat er dann 23 Pfund.

hias_23er_SchuppiIch gehe am nächsten Morgen nach weiteren Weißfischbissen nach Hause in der Gewißheit, dass viele Legenden von „unhaltbaren Fischen“ im Strom bestimmt auf solchen Begegnungen basieren. Die Kampfkraft dieser Flußkarpfen ist nicht zu verachten- und ganz ehrlich gesagt kann man nur hoffen, dass man ein Boot zur Hand hat, wenn wirklich mal einer der Großen beißt…
Ob diese Großen dann wirklich in den Gewichtsklassen angesiedelt sind, die man sich auf Grund der Erzählungen mehr oder weniger guter Angler (siehe oben ;)) ausmalt, ist eine ganz andere Frage. Vielleicht ist es mir irgendwann mal gegönnt, diese zumindest versuchen zu dürfen zu beantworten. Bis dahin fange ich weiter meine „kleinen Furien“ und bin froh um jeden Biss in diesem enorm großen und zugleich enorm geheimnisvollen Wasserkörper.

Alles fließt.

Matthias

CarpX

CarpX

Karpfenangler, Mechatronik- Ingenieur und Computerbegeisterter. Manchmal etwas cholerisch, meist aber lieb und umgänglich ;)

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