Prolog
Es gibt Orte, die kann man nicht leiden- was für den einen die Zahnarztpraxis ist, ist für den anderen das Finanzamt…
Es gibt Orte, da muss man hingehen, und gewöhnt sich an sie- die Arbeitsstelle zum Beispiel. Wenn man dann mal ne Zeit nicht mehr hingeht, stellt man fest, das- vollkommen irrational- irgendwas fehlt…
Und es gibt Orte, die rufen einen förmlich, man will immer wieder dorthin zurück, ja man muss es fast, weil man dort besonders viel Spaß gehabt und erlebt hat, und vielleicht auch unbewusst die eine oder andere Weiche für die Zukunft gestellt worden ist- natürlich nicht im jugendlichen Vollrausch oder gar im jugendlichen Leichtsinn, aber wenn man wieder heimatlichen Boden betritt, hat man das Gefühl, alles wäre anders.
Mir geht es mit Kallmünz so- wundert euch nicht über diese Zeilen, das muss man erlebt haben…
Ein Rückblick…
Vor fast auf den Tag genau vor 10 Jahren waren wir in einer Besetzung dort, die es seitdem nie wieder gegeben hat, und es wohl auch nie wieder geben wird. Kallmünz hat viele von uns „entjungfert“, im Sinne der „weichen Drogen“ als auch im Sinne der wortwörtlichen Bedeutung. Bei manchen wurde sogar mehr draus, und das obwohl sie die Zelttüre zugemacht haben (ein kleiner Insider ;)).
Kein Wunder also, das ich es mir, nachdem ich aus dem Auto gestiegen bin, nicht hab nehmen lassen, erstmal die „Stätten der Jugend“ zu besuchen, die es auf diesem Platz zu Hauf gibt: Simple Fleckchen Erde, gewisse Hecken, gewisse Kippenautomaten, und natürlich auch- um endlich zum Thema zu kommen- die Angelstellen der Vergangenheit, die uns nie mit Fisch überschüttet haben, aber immer für die eine oder andere Überraschung gut waren…
Ich hatte mich, bei meinem Vorbereitungen im Vorfeld für diese zwei Nächte dauernde Aktion, wohl aus Platzmangel dafür entschieden, exakt die Stelle zu befischen, die ich zum ersten Mal 1997 im August kurz nach dem Bestehen meiner Fischerprüfung beangelt habe. Wir rückten damals mit Feeder/ Pickerruten an, und es gelang uns der Fang von einigen Brachsen die wir zu Fischpflanzerl verarbeitet haben. Ein Karpfen war damals nicht dabei, und es war uns egal, Hauptsache die Spitze zuckte, es wurde den halben Tag geworfen, Futter hatten wir viel zu wenig dabei, und an ein Echolot hat damals niemand auch nur im Traum gedacht. Dafür haben wir von Wallern geträumt, und diese auch vermeintlich gezielt befischt, aber es fehlte an Ausrüstung, Know How und Durchhaltevermögen, auch mal einen der größeren, und damit mein ich größer als 40cm, zu landen…
Was uns aber an Wissen fehlte, machten wir durch einen fast schon unheimlichen Tatendrang und einen selten erlebten „Drive“ wieder wett, und so waren wir sehr glücklich, mit dem was wir hatten- und das ist alles was zählt…
Die Gegenwart!
2007 sollte alles anders werden. Durch die Spezialisierung auf Karpfen waren mir einige Dinge an der damaligen Vorgehensweise als widersinnig und wenig erfolgversprechend klar geworden- die Futterart war falsch, die Futtermenge unangepasst, und die Endmontage schlichtweg nicht effektiv genug, was ich vor allem auf die verwendeten Bleie mit steifen Anti- Tangle- Tubes zurückführte, die wir damals noch als durchlaufend gefischt haben. Einen Fisch wirklich zu haken, war Glückssache, aber wie es so ist, „das Glück ist ein Rindvieh und sucht seinesgleichen“, gelang mir damals der Fang meines ersten wirklich gewogenen PB mit 19 Pfund- eine weitere der Stationen auf der Kallmünz- Wallfahrt also ;).
Mittlerweile hatte sich alles grundlegend geändert- die Montagen, die Köder (auch hier haben die TS- Murmeln übrigens jahrelang versagt…), die grundlegende Herangehensweise, und ich brannte schon seit Anfang 2006 darauf, es mal mit den neuen Mitteln in Kallmünz zu versuchen, wozu ich jetzt, Anfang September 07, endlich die Gelegenheit hatte.
Ich bezog also nach meiner „Wallfahrt“ erstmal Stellung oberhalb der Badebucht, und fütterte noch vor der Abholung der Angelkarten ca. 5kg Mais-Frolic- Boiliemix an. Der Blick aufs Echolot verriet mir Tiefen zwischen 1.50 und 2 m, ich konzentrierte das Futter bei einem überhängenden Baum in ca. 40m Distanz am anderen Ufer, wo wie gemalt auch noch der Grund um einen halben Meter abfiel- hier roch es förmlich nach Fisch, wenn nicht hier, wo dann?
Stromab des Baumes und damit meiner „Primärstelle“ streute ich auch noch vereinzelte, große Boilies sowie Mais mit ein- hier wollte ich die „Größeren“ abpassen, und befischte diesen Spot mit selbstgerollten BigBalls um die 35- 40mm Durchmesser- ehrlich gesagt malte ich mir für diese Rute nicht besonders große Chancen aus, aber ich war ja auch zum experimentieren hier…
Die Montage an den Ruten war einfach und weitestgehend identisch mit meiner Baggerseeausrüstung:
– 30lb Sufix Memory Free, ca. 10m
– 70- 100cm Leadcore mit Safety- Clip, Quicklink und 100- 120g Blei
– ca. 25 cm langes „Standard- Rig“ aus CamoSkin (Sufix) mit 2er bzw. 4er Armapoints oder Flyliner- Haken.
Um das Leadcore auch sicher aufliegen zu haben, verwendete ich wegen des unebenen Grundes noch ein Flying Backlead (7g). Wegen der zu erwartenden Kanu- Terroristen- äh, Kanu- Fahrer senkte ich die Schnur am Ufer auch noch mit Backleads ab, was mir, nebenbei bemerkt, nicht nur unnötigen Ärger mit meist unterqualifizierten und alkoholisierten Freizeitkapitänen, sondern auch einiges an Kraut in der Schnur erspart hat.
Als Köder hatte ich, neben der erwähnten Selfmades, die ich über Nacht als Big Ball fischte, und tagsüber auf den 22er Durchmesser zurückgriff, auch noch ein paar der an der Donau bewährten „Fruity Thrill“- Murmeln aus dem Hause Black Label Baits mit dabei, die ich voller Vertrauen am Primärspot plazierte.
Nach einem ausführlichen, kombinierten Mittag- und Abendessen hockte ich mich gegen 21.00 Uhr auf meine Liege, und vergas beim Lesen mal wieder die Zeit- so war es kurz vor zwölf als ich mich in den Schlafsack einmummelte, und mich fragte, ob denn heut Nacht einer ablaufen würde- wie zur Bestätigung gab der rechte Bissanzeiger kurz Laut, und ich versteifte mich schon wieder in Erwartung eines Vollruns- der dann doch nicht kam…
Es muss gegen zwei gewesen sein, als ich versucht habe, den Wecker auf meinem Handy auszuschalten.
Im Halbschlaf fiel mir auf, dass sich der Wecker nicht wie mein Handy anhörte, und ich das Kreischen meiner Sounderbox realisierte, ließ es mich im Schlafsack rotieren.
Kurze Zeit später stand ich, in Boxershorts, CHR- Hemd sowie meinen Bergstiefeln, mit der Rute in der Hand am Ufer und drillte meinen ersten Naabkarpfen seit 2004. Gott sei Dank, das mich da niemand gesehen hat, mit „zivilisiert“ hatte das nicht mehr viel zu tun ;).
Der Fisch hatte „unter dem Baum“ auf BLB gebissen, und lieferte mir einen überaus ordentlichen Kampf , den ich glücklicherweise für mich entschied. Ich fror wie ein Hund, und sackte den Karpfen erstmal ein, um mich entsprechend anzuziehen, und die Fotoausrüstung klar zu machen, wofür ich mittlerweile nichtmal mehr 3 Minuten brauche. Nach ein paar Probeknipsern wars dann schnell überstanden- achja, die Waage blieb übrigens bei 21 Pfund stehen. Wie immer bei meinen „Selbstauslöserfotos“ muss ich mich auch hier für die Qualität entschuldigen- aber besser als nix ist es allemal ;).
Nach dem Fang war ich natürlich happy- ich hatte in nichtmal 12 Stunden schon den ersten Karpfen erwischt, und nach dem Bestücken der Rute gings wieder in die Heia- diesmal in voller Montur, weil ich mir im Falle eines weitere Runs nicht nochmal den Hintern abfrieren wollte…
Der zweite Biss kam dann auch, nachdem mich die Wasserbewohner nochmal drei Stunden haben schlafen lassen: Gegen halb sieben pfiff wieder die linke Rute ab, und bei der Kontaktaufnahme spürte ich einen Hänger. Ich öffnete den Freilauf, legte die Rute zurück aufs Pod, und sprang in meine Watstiefel, um ins Boot zu kommen, und dem Fisch beim Lösen behilflich zu sein. Währenddessen kam wieder Leben in die Bude, und mein Gegenüber gab richtig Gas, das ich den Bissanzeiger abschaltete, um nicht den kompletten Platz wachzutröten und meine eh schon angespannten Nerven zu schonen…
Ich entschied mich trotzdem für einen Drill vom Boot aus, und konnte diesen nach schweißtreibenden Minuten (kaum hat man was an, wirds einem warm :)) ca. 100m unterhalb meiner Angelstelle einen schönen Spiegler auf den (luftgepolsterten) Bootsboden legen. Da die Einstellung vom letzten Fisch auch noch in der Kamera vorhanden waren, konnte ich dem 24er Spiegler ein Sacken ersparen, und hatte 20 Minuten nach dem Anbiss die Rute wieder an der Angelstelle platziert. Mittlerweile war es hell geworden, und der Wind frischte auf, ein guter Grund, nach dem Überprüfen der rechten Rute (Selfmade- BigBall) noch eine Mütze voll Schlaf zu nehmen…
Mit dem Sonnenaufgang war der Spuk zu Ende. Den ganzen Tag über rührte sich bis auf ein Aitel am früheren Vormittag nichts, und ich fütterte am Mittag nochmal in etwa die selbe Portion wie am Vortag nach, die ich allerdings noch etwas weiter am gegenüberliegenden Ufer verteilte.
Der Regen bescherte mir einen faulen Tag im Zelt, den ich neben Lesen, Musikhören damit verbrachte, mich über die stupiden Spiele und die Musik- „Auswahl“ auf „Antenne Bayern“ aufzuregen- der MP3 Player verschaffte Abhilfe, und im Geiste „meiner“ Musik knipste ich gleich noch ein paar Fotos…
Als abends nochmal die Sonne rauskam, und das triefend nasse Naabtal in ein hellgelbes Licht tauchte, während ich mit meiner Flasche Asti vor dem Zelt saß, spielte ich mit dem Gedanken, doch noch ein paar Tage länger zu bleiben- dieser Ort begann mich schon wieder zu fesseln, und auch wenn ich dieses Mal nicht bleiben konnte, war für mich in diesem Moment sicher, dass ich spätestens nächstes Jahr wieder hier sein würde. Wie gesagt, manche Dinge lassen dich einfach nicht los. Und in meinem Fall sollen sie das auch gar nicht…
Gegen halb zwei wurde ich von einem „verzagten Run“ geweckt, der sich dann als Kraut herausstellte, das wohl in Grundnähe abgetrieben sein muss. Ich legte die Rute wieder aus, und bestückte auch die andere mit einem neuen Selfmade, denn der Köder war schon arg strapaziert: Ich vermute Flusskrebse hinter diesem Treiben, und setzte aus Angst um mein geflochtenes Vorfach von da an Stiff Rigs ein, die wir mit einem weichen geflochtenen Haar versehen, um die BigBalls auch noch sauber präsentieren zu können.
Um kurz nach vier dann wieder ein „Run“, diesesmal auf der rechten, Selfmade- bestückten Ruten, auch diesesmal sehr verzagt, und in der Meinung, es mit einem Hänger zu tun zu haben, klickte ich die Bremse zu und pumpte- ohne auch nur im Einsatz Leben in der Anordnung zu spüren…
Ein paar Meter vor meinem Ufer fing der „Hänger“ dann an, stromab zu ziehen, und bevor ich realisierte, dass es sich um einen Fisch handelte, und die Chance hatte, die Bremse zu öffnen, hatte sich der doch etwas unfaire Gegner mit ein paar Kopfstössen verabschiedet…
Es blieb mir also nichts übrig, als diesem kleinen Sturschädel das beste zu wünschen, zu hoffen, das er meine Montage schnell wieder loswird, und nochmal neu aufzubauen. Zu meiner Überraschung zog sich der Allbright gleich optimal zu, und auch der Rest des Neumontierens ging erstaunlich leicht und schnell von der Hand- viel Schlafen hat eben doch seine Vorteile ;).
Um fünf Uhr morgen war wieder alles auf seinem Platz, und ich zog mich wieder ins Zelt zurück.
Gegen halb acht rief mich dann die Natur aus dem Schlaf- leider nicht in Gestalt eines Schuppenträgers, sondern im eigentümlichen Sinn, und ich entschloss mich, gleich wach zu bleiben, nen Kaffee zu machen, und alles für die Abreise herzurichten.
Ich war gerade dabei, meinen Schlafsack einzurollen, als die rechte Rute ablief- und zwar nicht „verzagt“, wie zuvor in der Nacht, sondern zu allem entschlossen. Ich ließ den Schlafsack Schlafsack sein, und konnte nach einem bemerkenswerten Kampf einen ca. 12 Pfund schweren, langgestreckten Schuppi in den Kescher bugsieren, der mir nach dem Hakenlösen dummerweise ohne Foto und ohne Wiegen wieder ins Wasser „zurückfiel“. Der Campingplatz war mittlerweile erwacht, und ich hatte mit meinem Getröte in aller Früh schon genug Aufmerksamkeit erregt…
Damit ging für mich eine traumhafte, erholsame und „fischreiche“ Naabsession zu Ende, die mich darin bestätigt hat, was ich schon seit 2005 vermutet habe: Mit dem richtigen Know How ist die Strecke ein Spaßfaktor mit durchaus Potential, so wurde mir im Angelladen von einigen Fischen über 30 Pfund berichtet…
Fazit:
Klar, das ich, das wir, wiederkommen. Wenn ich ehrlich bin, wäre ich auch wiedergekommen, wenn ich nicht einen Fischschwanz gesehen hätte- hier draussen spielt das FÜR MICH einfach keine Rolle…
Der Zeltplatz ist vielleicht nicht die 100%ige Angelumgebung, da während der Saison vor Ort in Sachen Badebetrieb usw. einiges los ist. Als Ausgangspunkt für eine anglerische Erkundung des Gebiets, in dem Boote zum Übersetzen, und Füttern geduldet sind, und auch das Nachtangeln gestattet ist, ist der Zeltplatz ideal, wenn auch nicht ganz billig. Wer genauere Infos haben will, findet sie auf den folgenden Links, und kann sich natürlich auch bei uns über die üblichen Kanäle erkundigen. Die Kontrollen sind vorhanden, aber freundlich und bodenständig, wer also normal und geordnet auftritt, kann vor Ort einen schönen Fischzug mit einem Familienurlaub in reizvoller Landschaft verbinden…
Weiterhin sind in „Kaisers Angelladen“ und dem „Tackle House“ im Nahe gelegenen Burglengenfeld (ca. 10 Min. mit dem Auto) jederzeit alle Dinge zu ergänzen und zu ersetzen.
Matthias