Wenn schon Scheiße, dann mit Schwung…

Normalerweise bekommt man ja in den diversen Medien, seien es jetzt nun die „Szeneblätter“ des Karpfenangelns oder die vielzähligen Webseiten ständig Berichte und Fotos mit vermeintlichen „Erfolgen“ vor die Nase gehalten. Es ist überflüssig zu erwähnen, dass es bei keinem Angler immer rund läuft, und gerade deshalb sollte man solchen „Wochenenden für die Tonne“ auch mal ein paar Zeilen widmen.
Wer im Folgenden Bilder erwartet, muss nicht weiterklicken. Ich hatte in den einzelnen Situation nicht im Hinterkopf, einen Artikel über dieses Wochenende zu schreiben…
Dabei fing alles so gut an: Freitag sehr pünktlich aus der Arbeit gekommen, noch kurz ein bisschen was eingekauft und die Grillfleisch- und Gasreserven für das bevorstehende Wochenende aufgefüllt. Logistisch war ich die Tage zuvor etwas „überfordert“ gewesen: Aktuell ist meine Fischerei zu 100% auf Overnighters mit Übernachtung im Auto getrimmt. Das ganze Prinzip ist super, spart es doch „Schweiß, Zeit und Tränen“, hat aber den Nachteil, dass man beim Fischen nie richtig „ankommt“- im Auto schlafen hat eher Hotelzimmer- Flair.

Es galt also, für dieses Wochenende an der Donau alles wieder in Taschen zu packen, mit einem Boot an den Spot zu karren, und dort tatsächlich ein „Camp“ aufzustellen. Dienstag bis Donnerstag rannte ich wie ein aufgescheuchtes Huhn zwischen Keller, Garage und Angelanhänger hin- und her, schrieb Packlisten, um auch ja nichts zu vergessen, und versuchte mich dabei aufs Wesentliche zu beschränken. Um es vorweg zu nehmen, es gelang mir nicht, obwohl ich sagen muss, dass ich ohne die vorhergehende Planung nochmal wesentlich mehr Unsinn dabei gehabt hätte. Aber dazu später mehr…

Kurzer Zwischenstop beim Angelgerätehändler meines Vertrauens und die notwendigen Tageskarten gelöst, und schon konnte es losgehen. Der erste Stein warf sich mir beim Abholen des bereitgestellten Schlauchboots aus unserer Garage in den Weg: Meine Pumpe und das Ventil konnten einfach nicht miteinander, schaffte es die Pumpe, Luft ins Bootsinnere zu befördern, meinte das Ventil „ich mag aber heute nicht“ und hat diese einfach wieder abgelassen. Seltsamerweise trat dieses Problem nur beim Airdeck- Boden auf, und dummerweise ist dieser für die Stabilität eines Bootes in der Donau nicht nur „nützlich“ sondern auch notwendig. Ich war also kurz davor, einen Tobsuchtsanfall zu bekommen, der sicher nicht gut für unser Boot, im Speziellen dieses eine Ventil ausgegangen wäre. Wäre mein Gummihammer griffbereit gewesen, ich glaub ich hätte ihn benutzt. Gott sei Dank lag der Daheim. Ihr wisst ja: Tackle minimieren….
Irgendwann tauchten Chris und sein Vater auf. Mit vereinten Kräften schafften wir es, das Boot „Donautauglich“ flott zu bekommen. Vielen Dank dafür. Auch vom Bodenventil :).

Ein paar Kurven und Schotterwege später kam ich also durchgeschwitzt mit einem Puls jenseits von Gut und Böse am Wasser an, und schnaufte erstmal fünf Minuten durch, um mich zu beruhigen. Dann begann ich, mein Gespann zu entladen, während ich überlegte, was ich wie am besten verstauen konnte. Als ich dann mit dem letzten Teil fertig und alles abgesperrt war (Hänger, Auto, Hänger ans Auto), wanderte mein Blick auf den riesige Tackleberg neben dem Boot: „Das kann doch nicht wahr sein!!“ entfuhr es mir, ziemlich laut.
Der Kanut, der ein paar Meter nebenan gerade alles in seinem Golf (!) verstaut hatte, schaute mich an als wäre ich ein entlaufener Irrer, und machte sich schleunigst mit seiner Gattin vom Acker…

Missmutig und mit dem Gefühl, unnötigen Schwachsinn zu verladen, machte ich mich also daran, das Schlauchboot zu befüllen. Am Ende war ich irgendwie stolz auf den Material- Turm, den ich im Bug aufgebaut hatte, brusthoch, und einigermaßen stabil.
Nur noch ein Teil, und es konnte losgehen.
Ihr ahnt es: Irgendwas kommt noch.
Natürlich.
Auf den Arsch bin ich gefallen, dass ich Sterne gesehen habe.
Ich musste mich erstmal aufrichten, um wieder zu Atem zu kommen. Was war ich froh, als ich einige Momente später wieder einigermassen aus den Augen schauen konnte. Gebrochen war nix, das Carryall welches mich „umgeworfen“ hatte, hielt ich nach wie vor umklammert, und nach einer weiteren Verschnaufpause realisierte ich, dass ich bis zum Oberschenkel ins Wasser gerutscht war. Während ich mich komplett aufrappelte, dachte ich daran, wie der Kanufahrer und seine Frau meine Einlage gesehen hätten. Die würden jetzt wahrscheinlich auch am Boden liegen, allerdings nicht mit Sternchen und Schwummrigkeit, sondern vor Lachen…

Irgendwann konnte ich mich dann doch auf die Reise machen. Trotz allen Ärgers lag ich einigermaßen in der Zeit, und während sich das Boot vom Ufer löste, beruhigte sich mein Puls wieder. Der Blick auf das Donaupanorama legte sich sofort wie ein Schleier über die jüngsten Erlebnisse, ich drehte die Pinne des E-Motors ein Stückchen weiter in Richtung „mehr Gas“.
Doch irgendwie tat sich nichts. Stattdessen vernahm ich sowas wie „Würgegeräusche“ unter Wasser: Ein kapitaler Grasaal hatte sich um die Schraube gelegt.
Ich schmunzelte. Genau das hatte mir noch gefehlt in meiner Sammlung. Gott sei Dank ging wenigstens das Entfernen des Grases gut von der Hand, und mit Hilfe der Paddel konnte ich mich zügig aus der Krautzone bewegen…

Natürlich war meine Anreise noch nicht zu Ende. Am Platz angekommen schlossen meine Schuhe und die Steine der Uferbefestigung Spontanfreundschaft, konnten nicht mehr voneinander lassen. Mit dem Resultat, dass meine Wenigkeit eine unfreiwilligen Begrüßungspirouette für Chris drehte, auch dieses Mal wieder mit dem Ergebnis des direkten persönlichen Kontakts zur Donau. Noch im Fallen dachte ich mir „Wurscht, wirst wenigstens wieder Sauber“. Meine Kleidung hatte vom Sturz am Bootseinlass einen gut sichtbaren „Stinkstierstreifen“ am Rücken. Der wusch sich jetzt mit meinem Aufprall auf das Wasser- und kurz darauf die Steine- zumindest wieder ab…

Überflüssig zu erwähnen, dass ich an diesem Wochenende fischereilich keinen Stich machen konnte. Ein Aitel am Samstag morgen zeigte mir zumindest, dass ich nicht komplett an irgendwelchen Unterwasserbewohnern vorbeiangelte. Missgeschicke passierten mir am Samstag zumindest keine mehr, und ich genoß trotz allem die Zeit am Wasser.

Beim Sonntäglichen Abbauen kam es dann aber zur „Beinahe- Katastrophe“ und damit zur eigentlichen Abrundung dieses Wochenendes. Mein Boot war halb bepackt und fertig zur Abreise. Während ich die zweite Rute einpacke- also ca. 1 Minute bevor ich mich ins Boot gesetzt hätte und losgefahren wäre- passiert uns ein Riesenschiff. Mit Riesenwellengang. Mein 3m- Schlauchboot steht natürlich quer zu den Wellen, ist noch nicht komplett gesichert, und wirft wie ein bockiger Esel die oberste Schicht Ausrüstung ab. Die bestand aus Liege, Zelt, Tacklebox, Decke, Kopfkissen und der Abhakmatte. Letztere wollte dann gleich ihre Chance zur Flucht ergreifen („Lauf! Du bist frei!!“), und konnte erst auf den letzten paar Zentimetern von mir mit der Kescherstange aufgehalten werden. Währenddessen schwamm der Rest im Wasser und saugte sich fröhlich mit selbigem voll. Es war ein Kraftakt, die Liege samt darin befindlicher Decke und Kopfkissen wieder über die Uferböschung hinaufzubekommen…

Irgendwie war ich dann eine halbe Stunde später wieder Ausgangspunkt meines Pleitenwochenendes, am rutschigen Bootseinlass. Nass, zerkratzt, und übersäht mit blauen Flecken und kleineren Wunden.
Nein, ich bin nicht nochmal hingefallen (was aber auch nichts mehr „rausreisst“), habe nichts mehr geschrottet und bin nirgendwo drübergefallen. Ich bin heil und sicher nach Hause gekommen, und habe während der Heimfahrt und des anschließenden „Trocknungsnachmittags im heimischen Garten“ registriert, wieviel Glück ich eigentlich trotzdem hatte. So wie es aktuell aussieht, sind bis auf 2-3 m PVA keine Verluste zu beklagen. Meine Kopflampe ist dabei allerdings noch nicht ganz raus aus der „Gefahrenzone“, da erkennt man im Reflektor und auf dem Chip schon, dass das gute Stück ein Bad hinter sich hat. Trotzdem hätte das alles weitaus böser ausgehen können. Zum Beispiel mit einem Handy, dass ich bei der Anreise in der Tasche gehabt haben könnte. Oder einem Delkim- Receiver, den dann das Wasser in der Tacklebox doch noch erreicht hätte. Abgesehen davon hätte auch der Rückwärtssalto im Bootseinlass oder die Begrüßungspirouette durchaus körperliche Folgen haben können. Und deshalb kann ich im Nachhinein trotzdem aufrichtigst sagen „schön wars“.

Man liest immer, das einen ein Gewässer lieben oder hassen kann.
Bullshit.
Schuld an meiner Misere ist nicht die Donau, sondern ich selber. Weniger Tackle- weniger Tamtam. Aus der „Übung“ mit solchen Dingen wie Boot beladen bin ich ganz einfach. Vor vier, fünf Jahren hätte sich da nichts vom Boot gelöst. Wohl auch, weil ich weniger Kram dabei gehabt hätte. Ein klares Indiz dafür, dass „Autonächte“ beim Fischen verweichlichen. Man muss einfach alle paar Wochen mal wieder „richtig“ Angeln gehen. Das pure „Zeitfressen“ am Wasser, mit ständig den gleichen Schemata und Gewässern und Angelstellen und dem besagten „Hotelzimmerluxus“ hat seine Daseinsberechtigung, aber es treibt einen Keil zwischen den Angler und die Natur, die mit all ihren Ameisen, Brennnesseln, Rutschalgen und Steinspitzen einfach mit dazugehört. Es ist der Job des Anglers, diese Dinge zu meistern, und dabei das Angeln nicht aus den Augen zu verlieren.

Ich werde mir das zu Herzen nehmen, und mich wieder mehr in die Richtung Zeltangeln orientieren. Die eigenen Tage am Wasser sollen nicht zu einem alternativen „Hintergrundbild“ für Alltäglichkeiten wie Internetsurfen, DVD- Schauen oder E- Mails beantworten werden. Wenn das bedeutet, dass ich eine halbe Stunde zum Auf- und Abbauen einkalkulieren muss, bitte. Wenn ich dafür ein paar Schweißtropfen mehr vergießen muss, um mir meine Fischerei wieder „bewusster“ zu machen, dann soll es so sein.

Veni. Vidi.
Vincor.

Matthias

CarpX

CarpX

Karpfenangler, Mechatronik- Ingenieur und Computerbegeisterter. Manchmal etwas cholerisch, meist aber lieb und umgänglich ;)

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