Location 2.0

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Ein paar Dinge zum Einstieg…
Vorweg gesagt: Das Thema Location ist so was wie der der heilige Gral des Karpfenangelns. Viele beschreiben die Fähigkeit eines Anglers, seinen Köder so zu platzieren, dass er Fische fängt als „Watercraft“. Ein schönes Wort aus dem englischen Sprachgebrauch, das eigentlich nur ein Bauchgefühl beschreibt, welches den späteren Fänger zum Fisch führen soll. Watercraft wächst mit der Erfahrung, die jedes Mal zunimmt wenn man einen Karpfen an die Angel bekommen hat- man merkt an diesen Aussagen schon, dass der Begriff Watercraft von einem fast schon mystischen Nimbus umgeben ist, kurz gesagt:
Wohl dem, der sie hat, und wehe dem, der sie nicht hat!

Aus diesem Grund darf man sich auch nicht über die zahlreichen Einsteiger ins Karpfenangeln wundern, die im Internet auf der Suche sind, und die Lösung des „regelmässigen Fangens“ fälschlicherweise hinter Markennamen, Boilierezepturen oder Rutenaktionen vermuten. Man könnte fast interpretieren, dass man vor der komplexen Frage der Watercraft ein bisschen Angst hat und im Hinblick auf die zu erwartenden Blanknächte lieber andere Faktoren als Grund sucht- weil diese einfacher zu behandeln sind, und sich erkaufen oder erlesen lassen, so dass man ohne „er-fahren“ von 0 auf 100 in Richtung Dickfisch durchstarten kann.
Ich gehörte auch eine Zeit lang zu dieser Abteilung, und ich kann, will und werde an dieser Stelle nicht behaupten, mit überdurchschnittlich viel Watercraft gesegnet zu sein (wenn ich aktuell in mein Fangbuch schaue, überkommt mich eher eine gegenteilige Überzeugung…).
Aber nach etwas mehr als sechs Jahren intensiver Beschäftigung mit dem Karpfenangeln und einigem Lehrgeld, das ich- das wir- gezahlt habe(n) haben sich aber durchaus Richtlinien herausgestellt, die eine Art Kochrezept ergeben, auf dessen Basis sich dann tatsächlich so was wie Watercraft einstellt. Was jetzt folgt, ist keine „Anleitung zum Abgreifen“, sondern eher als „Anleitung zum Nachdenken“ zu verstehen.

Die Frage aller Fragen
Wie soll man denn Fische finden, die sich unter Wasser und damit außerhalb unseres Blickfeldes bewegen?
Wagen wir auf der Suche nach einer Antwort einen Blick auf unsere Freunde auf der englischen Insel: Dort werden ganze Magazine mit dem Thema Location gefüllt, Leute bewegen sich mehr auf Bäumen als am Boden und Rigs werden in ihren Eigenschaften auf die Fressgewohnheiten des Zielfischs angepasst, dessen Zugrouten und Verhaltensweisen der zukünftige Fänger ganz einfach durch Beobachten studieren konnte.
Das alles können wir „auf dem Kontinent“ vergessen!
Wir in unseren deutschen Gewässern tun uns mit dieser Vorgehensweise verdammt schwer- nicht deshalb, weil wir uns etwa scheuen auf Bäume zu klettern, oder unfähig wären, uns über unsere Montagen unsere eigenen Gedanken zu machen. Der Grund ist viel banaler: Im Großteil unserer Gewässer ist es schlichtweg nicht möglich, Fische beim Fressen zu beobachten, weil bei drei, vier oder fünf Metern Wassertiefe auch der Perspektivenwechsel auf den Baum nichts hilft.
Die Ideen und Vorgehensweisen zum Thema Location aus England kann man also erstmal- wie viele andere Dinge von dort- nicht wirklich auf unsere kontinentalen Verhältnisse übernehmen.
Trotzdem ist es immer lohnend, sich vom Mutterland des Karpfenangelns inspirieren zu lassen, indem man einfach abstrahiert und nicht treudoof alles eins zu eins glaubt übernehmen zu müssen.
Wir müssen also unsere eigenen Köpfe anstrengen, wenn es darum geht, Fische zu finden.
Nehmen wir mal zum Beginn den eher unwahrscheinlichen Glücksfall an: Man ist mit dem Boot auf seinem Hausgewässer unterwegs, und sieht massive Blasenteppiche irgendwo im Weiher. Weil man vorsichtig ist und sich von den Teppichen fernhält, kann man kurze Zeit später einen Karpfen beim sogenannten „Rollen“ beobachten- damit ist man eigentlich schon im Spiel. Eigentlich deshalb, weil es ohne geeignete Hilfsmittel auf dem Wasser verdammt schwierig ist, sich konkrete Stellen einzuprägen- aber dazu später mehr.
Die Stelle ist damit klar, man kann diese wenn man will durch vorsichtiges Zufüttern noch mit den eigenen Ködern aufwerten, und muss nur noch zusehen, wie man seine Montage eben dorthin bekommt. Gratulation, wer es so weit gebracht hat- Fangen ist ab hier eigentlich nur noch eine Formalität!
Wie so oft im Leben ist es aber nicht so einfach, sondern wesentlich mühsamer. Fressende Fische, Blasenteppiche, rollende Karpfen oder was auch immer sind nach meiner persönlichen Erfahrung eher der Ausnahmefall, und auch nicht in allen Fällen 100% aussagekräftig über Futterstellen und damit Angelplätze. Dazu kommt, dass wir nie alles wahrnehmen können- an Gewässern jenseits von 2, 3 Hektar Fläche wird es je nach Form schon schwierig, Aktivitäten, die in 100m Entfernung stattfinden, wahrzunehmen, zu klassifizieren und dann die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Ich würde sagen, wir sind also erstmal richtig schön angeschmiert, denn jetzt wird’s kompliziert, teuer, anstrengend, und vor allem: Zeitaufwändig.
Derjenige, der normalerweise andere die Location machen lässt, darf aber trotzdem weiterlesen, denn dann erfährt man auch mal, was dahintersteht.

Schritt Nr. 1: „Alles Gute kommt von oben“…
Engländer steigen auf Bäume. Wir müssen höher hinaus, aber keine Sorge, es wird nicht gefährlich, weil wir uns nämlich die moderne Technik zu Nutze machen:
Google Maps
Google Earth
oder der
Bayernviewer
für unsere bayerischen Leserinnen und Leser, bzw. für alle die, die einen Trip ins schönste Bundesland Deutschlands planen.
Ich kann nicht mehr zählen, wie oft mich die Satellitenunterstützung schon vor Blanks bewahrt hat. Vorbereitung ist beim Angeln das A und O, gerade wenn es an neue, persönlich noch nicht bekannte Gewässer gehen soll. Auf guten Satellitenbildern kann man Plateaus und Flachwasserbereiche vorab erkunden, Distanzen vermessen und hat so mit ein, zwei Stunden Vorarbeit am Laptop vor dem heimischen Fernseher schon eine sehr gute, wenn auch noch etwas grobe Vorahnung vom betreffenden Gewässer. Der Nachteil an dieser Methode: Mittlerweile macht jeder halbwegs ernsthafte Angler Gebrauch von den Luftbildern seines Gewässers. Sprich, man bekommt die Dinge mitgeteilt, die offensichtlich sind, und angelt damit auch nicht an exklusiven Hot- Spots, sondern eher auf den Unterwasser- Futterkrippen.
Aber auch diese Information ist ja oft schon mal etwas wert, und warum soll man nicht erstmal das offensichtliche probieren und ein oder zwei Nächte sehen, ob es nicht auch einfach geht?
Anders als alle anderen wird mittlerweile von so vielen Leuten wie ein Mantra wiedergekäut, dass auch das Altbekannte durchaus wieder funktionieren kann.

screenshot_bayernviewer screenshot_google

 

 

 

 

 

Hier zwei Screenshot aus dem Bayernviewer (links) und aus dem Google- Bildrepertoire, welches bei Google Maps und Google Earth zum Einsatz kommt.
Es handelt sich dabei um das selbe Areal eines Sees (der übrigens willkürlich von mir ausgewählt wurde ;)).
Man erkennt im Bayernviewer- Bild ganz klar helle Flecken im Wasser, und man kann davon ausgehen, dass es sich dabei um Strukturen unter Wasser handelt. Auf dem Google- Bild erkennt man auch „Dinge“ im Wasser. Hier gilt es, vorsichtig zu sein, es handelt sich dabei um eine Eisdecke auf dem See, keineswegs um UW- Strukturen! Im Zweifelsfalle nehmen wir für unsere virtuelle Location in Bayern also IMMER den Bayernviewer. Ansonsten könnten wir selbst zum Verursacher der ein oder anderen „Legende“ werden :).

Schritt Nr. 2: Die Erkundung vor Ort
Jaja, ich weiß, man müsste eigentlich viel mehr erkunden und Location betreiben, als man dann schlussendlich angelt. Aber darf ich euch was verraten: Ich war nie der Typ, der drei Wochen beobachtet hat, bevor er das Fischen anfing. Ich glaube, ich werde auch nicht mehr dieser Typus Angler. Warum? Weil meine Zeit beschränkt ist, und ich nicht nur um des Fisches willen ans Wasser gehe. Ich gehe um des Angelns willen ans Wasser. Keine optimalen Vorraussetzungen, um eine der angebeteten Persönlichkeiten der Szene zu werden. Meine Fangdokumentationen der letzten Jahre weisen dafür aber ohnehin viel zu viele Lücken, Ungereimtheiten und Fehlstellen auf Grund von Null Bock- Phasen auf. Also ist die Prämisse „mach was du willst, das aber dann zu 100%!“.
Wenn ich mir also einbilde, an einem Gewässer den ersten Fisch des Jahres zu fangen, an dem das die Jahre zuvor nicht geklappt hat, wird das meinem Fangbuch nicht gerade gut tun.

Aber zurück zum Thema, der Erkundung vor Ort: Bei allen Annehmlichkeiten, die Google Maps & Co. in unseren anglerischen Alltag bringen, man darf sich nie der irrigen Annahme hingeben, dass ein Blick auf das Luftbild eines Gewässers innerhalb weniger Minuten dessen sämtliche Geheimnisse preisgibt. Eher das Gegenteil ist der Fall, an vielen Gewässern ist das, was man auf Luftbildern erkennt lediglich die Spitze des Eisbergs.
Man kann sich also Bootskilometer nicht sparen- und das ist auch gut so, was wäre Location, wenn sie vorab vom Schreibtisch aus erledigt werden könnte?
Was man sich auch als ernsthafter Karpfenangler auf Dauer nicht sparen kann, ist ein Echolot!
Vorweg ein paar Worte zur Ausstattung und Preisklasse eines fürs Karpfenangeln tauglichen Echolots: Es muss nicht das 3D- Downscan Spitzenmodell mit Farbdisplay sein! Unser erstes Echolot war ein Lowrance X-125, und nachdem dieses das Zeitliche gesegnet hatte, haben wir uns für ein MarkV pro entschieden. Etwas höhere Displayauflösung als das X-125, dazu noch einen Geber für zwei Frequenzen, was will man als Karpfenangler mehr? Kostenpunkt für dieses Gerät liegt bei etwa 220 Euros. Auch Einsteigergeräte der 100 Euro- Klasse tun erstmal das was sie fürs Karpfenangeln sollen: Sie zeigen die Tiefe an, und lassen- wenn es auch etwas mehr Übung bedarf-  Rückschlüsse auf die Grundbeschaffenheit zu. Wichtig ist für mich dabei noch, möglichst schnell möglichst viel in Erfahrung zu bringen. Ich habe weder Zeit noch Lust, mich tagelang mit der Lotrute am Wasser der Entstehung eines Tennisarms zu widmen, und Zeit zu verbrauchen, in der ich schon vorfüttern oder gar fischen könnte!
Wir verwenden  seit 2005 dort wo es erlaubt ist (also zum Stand 2012 „überall“) unsere Echolote. Sie haben uns damals blutige Anfängern buchstäblich die Augen geöffnet. Die Fische springen einem auch mit dem Echolot nicht ins Boot, überhaupt keine Frage. Aber für eine solide Basis ist ein gutes Sonar einfach unerlässlich und unverzichtbar. Alles andere mündet darin, dass man geneigt ist, irgendwelchen Sagen und Legenden in Form von Bombentrichtern in alten Löschteichen, Kiesbänken mitten im See usw. Glauben zu schenken.kommandostand
Meistens existieren diese Features dann aber nur in der Fantasie des jeweiligen Erzählers. Die wirklichen Hot- Spots kennt gerade von den eingesessenen Altanglern keiner, bzw. diejenigen, die was wissen haben ein gesundes Interesse daran, das erstmal für sich zu behalten.
Was lernen wir daraus?
Informationen über das Gewässer besorgt man sich IMMER aus der allerersten Hand- bei sich selbst!
Man kommt bei allen Tipps und Tricks aus dem Internet nicht drum herum, selber ein Gefühl entwickeln zu müssen- und damit wären wir wieder beim Thema „Watercraft“.
Hinweise von Kollegen am Wasser werden trotzdem gerne zur Kenntnis genommen, aber niemals als Entscheidungsgrundlagen für die eigene Fischerei verwendet. Ob ihrs glaubt oder nicht, wir haben mit dieser Vorgehensweise schon den ein oder anderen Gewässereigner erstaunt, als wir nach zwei Stunden Location zurückkamen, und unsere Markierungen da gesetzt hatten, wo er es nicht erwartet hätte. Die Erklärungen von Plateaus, Kanten und Abbrüchen wurden dann mit großen Augen aufgenommen, und haben seither die Bilanz des Gewässereigners an seinem eigenen Wasser zumindest nicht verschlechtert…
Für einen schnellen Überblick des Angelplatzes ist natürlich eine Motorisierung- wo sie erlaubt ist- von exorbitantem Vorteil, aber auch mit Rudern kann man sich innerhalb von zwei, drei Stunden noch vor dem Fischen im Wesentlichen drüber klar werden, wo man Angeln könnte- erst recht, wenn man eine entsprechende virtuelle Vorbereitung geleistet hat.
Ich habe an dieser Stelle bewusst darauf verzichtet, euch konkrete Echolot- Bilder zu präsentieren. Warum? Weil ich euch nicht „konditionieren“ will. Und weil ich mittlerweile feststelle, dass es nicht immer die exakt getroffene Kante mit hartem Grund sein muss, die das Echolot anzeigt und die man sich irgendwie doch immer wünscht. Wichtig ist aber das Vorhandsein von Features alle Mal, das steht nicht zur Debatte! Aber in Abhängigkeit von der Beschaffenheit des restlichen Sees kann auch schon ein kleiner Hügel am Grund mit 0.7m Erhebung der Schlüssel zum Glück sein- insofern kann ich nur raten, die Augen wirklich offen zu halten, und nicht immer nach dem größten, eindeutigsten und extremsten Spot zu gieren…

Schritt Nr. 3: „Die dritte Dimension“
klopfbleiDer nächste Schritt sollte sein, den tatsächlichen Angelplatz unter die Lupe zu nehmen. Das geht in seichteren Gefilden mit der Taucherbrille und dem Schnorchel, ab vier, fünf Metern wird es für Ungeübte (mich eingeschlossen) aber äußerst schwierig, die Luft lange genug anzuhalten, um zum Grund zu kommen, sich dort umzusehen und dann wieder aufzutauchen. Abgesehen davon ist diese Methode nur im Sommer und im frühen Herbst denkbar, wenn das Wasser auch entsprechende Temperaturen aufweist. Im Frühjahr, wo Location mit Abstand am wichtigsten ist, soll man dann also bei 13, 14 ° maximaler Wassertemperatur in selbiges steigen- brrrr, nein danke!
Tauchen fällt für mich persönlich also aus, auch wenn ich dem aktiven Erleben der Unterwasser- Welt durchaus eine Faszination zuschreiben möchte. Ohne Flaschen ist das aber meiner Meinung nach halbherzig und ineffizient, da kann man seine Angelzeit besser und bequemer nutzen.
Als erstes möchte ich auf das Thema Klopfblei eingehen. Ich bin erstaunt, wie wenige Karpfenangler so ein einfaches Werkzeug tatsächlich in Gebrauch haben. Teilweise verlässt man sich blind auf Echolotanzeigen, die dann noch falsch interpretiert werden- sorry, aber um dann trotzdem wieder „im Siff“ zu landen hätte man das Geld für das gute Echo nicht ausgeben müssen.
Für uns war das Abklopfen des Grundes vom Tag 1 der Echolotnutzung an sozusagen unabdingbar. Wie sonst hätten wir die Anzeige des Sonars richtig interpretieren lernen sollen? Konkret besteht ein Klopfblei aus 20- 50 m Geflochtener an die 400- 1000g Bleigewicht angebunden sind, und einem Wickel, auf dem Schnur aufbewahrt werden kann. Materialkosten 5-10 Euro, praktischer Wert: UNBEZAHLBAR! Ich weiß nicht, wie oft ich ohne das Klopfblei im totesten Faulschlamm geangelt hätte, hätte ich mich nur auf die Interpretation der Anzeige meines Echolots verlassen.
spotfinder1Bis vor kurzem war ich mit Echolot und Klopfblei erstmal glücklich, wobei natürlich ein direkter Blick auf den Angelplatz im Hinblick auf Grundbewuchs und Futterresten (oder liegen gelassenen Ködern) für noch ein besseres Gefühl sorgen würde.
Wenn es nicht zu trüb ist, gewährt ein solches Guckfenster tiefere Einblicke, als das bloße Auge das schafft. Verkauft werden diese Gerätschaften unter dem Namen Aquascope oder, wie das meinige, unter der Bezeichnung Spotfinder. Meine Ausführung habe ich Anfang der Saison 2012 von der Firma Carpspot.de bezogen, Preis rangiert um die 50 Euro. Die haben sich aber schon ausgezahlt: Der Aufklärung durch den Spotfinder hatte ich zu nicht unwesentlichen Teilen den ersten Fisch des Jahres 2012 zu verdanken, und der geneigte Leser unserer Page weiß, dass es sich dabei gleich um einen 20kg- Fisch aus dem Altbestand unseres Hausgewässers handelte.
Nur um das klarzustellen: Der Spotfinder hat mir den Fisch nicht gefangen, und war nur ein Teil des Puzzles zu dem ja- man kann es nicht oft genug sagen!- auch das Glück gehört.
Aber hätte ich ein paar Meter weiter rechts abgelegt, wäre der Grund stärker von Fadenalgen überwachsen gewesen, was unmittelbaren Einfluß auf die Präsentation mit Hybrid Stiff gehabt hätte (da ich von hartem Grund ausgegangen bin!). Wetten, dass ich dort eher geblankt hätte, als überhaupt einen Fisch zu fangen?
Schritt Nr. 4: Konservieren des Erarbeiteten
Für mich ist dieses Thema seit einigen Monaten das mit Abstand wichtigste. Sich auf dem Wasser einen bestimmten Punkt zu merken, ist bei Ufernähe (bis ca. 50m) noch einigermaßen möglich, wird aber selbst in diesen relativ geringen Distanzen schon zum Glücksspiel. Über 50m Abstand zum Ufer ist ein „Merken“ und sicheres Wiederauffinden der Plätze in meinen Augen nicht mehr möglich. Schnittpunkte irgendwelcher gedachter Linien sind eine Peilung, aber leider so was von grob, das man oft doch wieder nach bestimmten Stellen sucht, irgendwas findet, und dann am Ende am letzten Erfolgsplatz vorbeiangelt- vom komischen Gefühl „wo lieg ich jetzt eigentlich“ ganz zu Schweigen.
Eine kleine Anekdote aus dem September 2011, dem Zeitpunkt unseres Trips an den Ossiacher See- die nachgeschalteten Überlegungen haben mir die Augen geöffnet:
Wir fischen dort auf Distanzen zwischen 50 und 200 m, um die Fische zu suchen. Das läuft so ab, dass man eine Rute mit Hilfe des Echolots in einen bestimmten Tiefenbereich fährt, und dann ablegt. Struktur ist im ganzen See eher Fehlanzeige. Wenn man fängt, wiederholt sich dieses Spiel genauso, wie wenn wir nach spätestens 24h die Rute kontrollieren, und zu jedem abgelegten Köder werden 500- 1000g Murmeln dazugefüttert und rundherum verstreut.
Was passiert also nach drei Tagen mit 5 Anglern und 10 Ruten in einem Areal? Richtig- überall liegt Futter rum. Für den Fall, dass man einen Schwarm an den Platz bekommt, ist das das Optimum, die Fischen sind lange Zeit im eigenen Angelbereich beschäftigt, und suchen sich die Klicker zusammen- diese Situation hatten wir wahrscheinlich 2010.
Problematisch wird’s, wenn nur sporadische Einzelfische den Angelplatz aufsuchen, so wie in den ersten Tagen 2011. Die können sich unbescholten an den frei rumliegenden Kugeln satt fressen bevor sie überhaupt in die Nähe eines unserer Köder kommen.
Die Alternative wäre, auf einen „Single Hookbait“ zu setzen, zumindest jedes zweite Mal, wenn man ablegt, und zu hoffen, einigermaßen in der Nähe der bei der letzten Fahrt verstreuten Köder gekommen zu sein. Nun waren aber die Ergebnisse mit komplett ohne Futter ausgelegten Montagen vernichtend. Kurzum: Ohne Beifutter senkt man die Chancen eher, einen Fisch zu fangen, als dass man sie nach vorher beschriebener Logik erhöht.
Also überlegten wir, Bojen zu setzen. Normale H- Bojen mit sich abrollender Schnur fallen aus. Auf die Distanz von 200m ist die Gefahr einfach zu groß, dass sich der Fisch verhängt, Stabbojen wären die Alternative, aber die bekommen bei derartigem anglerischen Bootsverkehr sehr schnell „Flossen“ und schwimmen von selbst weg. Abgesehen davon ist bei 10 Anglern mit mindestens zwei Ruten schnell ein verdammt großer Bereich zum Bojenwald zugepflastert, und das kann auch nicht im Sinne der Angler vor Ort sein, von denen ja sehr viele von Booten aus den Raubfischen nachstellen.
Wir waren für 2011 also ein kleines bisschen gehandicapt, was die „Wiederholgenauigkeit“ unserer Angelstellen anging. Wir fingen definitiv unsere Fische, kein Thema- aber ich stelle hier die These auf, dass es mehr hätten sein können, bezogen auf die Teamleistung von fünf Anglern- der Futtereintrag an die als Angelstelle bestimmte Unterwasser- Fläche ist neben der Location der zweitgrößte Teil des Puzzles. Optimale Location und suboptimaler Futtereintrag sorgen für Fänge, wenn beides stimmt, erlebt man Sternstunden…
Kommen wir wieder zurück an unsere heimischen Gewässer. Wir haben also einen Spot gefunden, an dem wir vielleicht sogar gleich gefangen haben. Am nächsten Morgen mit dem Einholen der H- oder Stabboje steht der wichtigste Teil unseres Angelns, nämlich er ideale Angelplatz, eigentlich schon wieder nicht mehr zur Verfügung. Die Möglichkeit, die Bojen dauerhaft im Gewässer zu lassen, hat sich als sehr kostspielig erwiesen. Gerade an öffentlichen Seen sind orange Punkte im Wasser für die Schwimmer, Surfer und Segler ein magnetischer Anzugspunkt, und das daraus resultierende Verhalten teilweise nicht mehr mit menschlicher Logik, sondern nur noch mit tierischem Instinkt zu erklären.
Genau auf die „instinktive“ Ebene begeben wir uns im Folgenden mit der Idee der Tarnboje: Wie kann man verhindern, dass jemand etwas anfasst? Nun, man lässt es so aussehen, dass sich jeder Mensch davor ekelt. Schwimmer hassen Krautfelder. Also binden wir ein paar Krautfahnen mit der Schnur zusammen, und lassen diese unseren Platz markieren. Holzstücke, die mehrere Tage an der gleichen Stelle dümpeln, sind eine Möglichkeit, aber für regelmäßige Besucher keine zuverlässige Lösung. Alternativen bieten sich in Form von Kunststoffimitationen diverser- menschlicher oder tierischer- Hinterlassenschaften. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass man jeden noch so gescheiten- und neugierigen- Segler, Surfer und Schwimmer genau auf der instinktbasierten Ebene des Ekelns fernhalten kann.
Ein großer Nachteil der Ekelbojen: Sie können aus Prinzip nicht auffällig sein. Also braucht der Angler etwas länger um sie wiederzufinden. Dazu kommt, dass fünf künstliche, schwimmende Kothaufen in einem Areal von 50 qm auch wieder auffällig sein können.
Ekelbojen sind also eine gute, aber noch nicht die beste Lösung.

Die will ich euch mit folgenden drei Buchstaben präsentieren: GPS.dakota20
Jedes Handy hat heutzutage seinen GPS- Empfänger integriert. Bis 2019 soll mit dem europäischen Galileo- System eine etwas genauere Alternative geschaffen werden, die dann auch unabhängig von der amerikanischen Administration funktioniert.
Für uns hier und heute ist GPS in Verbindung mit dem Echolot auf dem Boot so was wie das Ei des Kolumbus. Den ein oder anderen höre ich jetzt aufstöhnen ob der zu geringen Genauigkeit von +/- 3m. Liebe Leute, im Vergleich zu den bisherigen Methoden zur sicheren Standortbestimmung ist dieser Kreis von 6m Durchmesser um einen fängigen Punkt im See so was wie die Nadel im Heuhafen, deren Position man auf 10cm genau kennt!
Die praktischen Erfahrungen der letzten Monate haben mir gezeigt, dass die GPS- Genauigkeit den Angler nicht vor Probleme stellt. Ein, zwei Ruderschläge mit Blick auf das Echolot nach links oder rechts, und man ist da, wo man vorher war- und zwar dank computergestützter Positionsbestimmung gepaart mit menschlicher Intuition. Wir sind es die rudern und steuern, und unabhängig von errechneten Werten die Köder ablegen. Ich garantiere euch, ihr trefft mit dieser Vorgehensweise auf 1- 1.5 qm genau die Fläche, wo ihr angeln wollt. Ich stelle die Behauptung auf, dass aktuell ein genaueres Angeln nicht möglich ist. Kein Mensch kann beim Werfen oder Rudern so genau die Richtung halten, dass er unter 3m Abweichung bleibt (und das bei Tag- und Nacht!). Und selbst beim Ablegen an eine Boje muss am Ende des Weges der Abstand zu dieser geschätzt werden- Schätzfehler und mehr oder weniger bewusste Nachlässigkeiten mit eingeschlossen. Beim Ablegen mit dem Echolot und dem GPS hat man natürlich auch Fehlerquellen. Aber die Kombination aus zwei objektiven, rechnerisch ermittelten Werten und der menschlichen Intuition ist für unseren Anwendungsfall unschlagbar.
Wie setzt man GPS nun ein? Nun, der erste Schritt wäre das Ausprobieren mittels dem Smartphone auf dem Wasser. Leider nur bei schönem Wetter möglich, und solange der Akku des Handys hält. Apps, die das können, gibt es genügend, und auch die Genauigkeit ist ok- auf meinem HTC Desire HD war ich mit 4, 5 m theoretischer Genauigkeit etwas schlechter als mit einem dediziertem GPS- Empfänger.
Sollte man am Thema GPS Gefallen finden, fragt man sich irgendwann nach einer Möglichkeit, die gesammelten Daten unabhängig vom Handy zu speichern. Weiterhin wäre eine wetterfeste Ausführung des GPS- Empfängers sinnvoll. Genau aus diesen Überlegungen habe ich mich Anfang des Jahres für ein Garmin- Gerät entschieden, das ich euch in den nächsten Wochen nochmals ausführlicher vorstellen möchte. Einige Eckdaten des Dakota 20 möchte ich hier als Entscheidungshilfe hier trotzdem kurz auflisten:

Touchdisplay mit der Möglichkeit, auf dem Wasser gleich die gespeicherten Punkte zu bearbeiten, ohne dabei irre zu werden (wie beim iFinder GO 2 von Lowrance ;)).
Kartenfunktion, d.h. es können kostenlose Landkarten auf das Gerät gezogen werden (dazu im Testbericht dann mehr)
Möglichkeit der Interaktion mit dem PC:
1: Punkte und Wegstrecken aus dem Gerät auf dem PC in der mitgelieferten Software oder gleich direkt in Google Earth anzeigen zu lassen und bearbeiten zu können (Symbolik, Bennung). Weiterhin können die Punkte aus dem Gerät auf dem PC gesichert werden (falls mal was kaputt geht oder ins Wasser fällt, oder das Gerät bewusst gewechselt wird!).
2: Punkte aus Google Earth oder anderen topografischen Programmen in das Gerät übertragen und diese dann am Wasser ansteuern zu können.
Annehmbare Akkulaufzeit von ca. 14h mit handelsüblichen Mignon- Akkus
Möglichkeit das Gerät über 12V (vom Echolot- Akku) zu versorgen
Wetterfestes Gehäuse, GPS kann also am Boot verbleiben.
Kosten für das Dakota 20: Bei Amazon.de wird das Gerät zwischen 180 und 220 Euro gehandelt, dazu kommt noch eine 8 GB Speicherkarte für das Kartenmaterial für ca. 10- 15 Euro, eine Halterung für ca. 20 Euro sowie wie ein 12V- Kabel für ca. 15 Euro.
Damit kostet die GPS- Ausstattung mit dem Dakota 20 zwischen 230 und 270 Euro.

Natürlich kann man hier auch wieder mit entsprechend mehr oder weniger Geld zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Für mich war bei der Entscheidung für dieses Gerät vor allem die Möglichkeit zur PC- Interaktion sowie die Vor- Ort- Bearbeitung der frisch gespeicherten Punkte das Killerkriterium. Bedingt durch den iFinder Go 2 bin ich bezüglich der Bedienbarkeit einfach ein gebranntes Kind: Über Jahre hinweg waren die Schwierigkeiten und Umwege in der Handhabung dieses Gerätes schlichtweg der Grund, warum wir immer wieder vor dessen Benutzung zurückgeschreckt sind. Das Dakota 20 ist da so was wie eine Offenbarung gewesen. Klar, definiert und einfach bekommt man das, was man will präsentiert und kann eingreifen. So muss das sein!

Damit sind wir am Ende dieses Location- Artikels angelangt. Nochmal die Quintessenz- kurz und schmerzlos.

Unabdingbar sind Dinge wie:
Boot, Echolot, Klopfblei, Bojen

Sinnvoll, aber nicht bitter nötig ist
ein Spotfinder und ein GPS- Gerät.
Wo erlaubt, ist ein Motor noch eine super Erleichterung!

Unsinn ist
ein Lowrance iFinder Go2
blind auf die Lockwirkung seines Futters zu Vertrauen
die Investition in eine Tauchausrüstung.

Interessant ist und bliebt die technische Entwicklung auf dem Echolotmarkt. Aktuell bin ich in der glücklichen Situation, ein Humminbird 798 CI HD zu Testzwecken zur Verfügung zu haben, und ich kartografiere schon fleissig. Unter Umständen wird das die Angel- Anschaffung 2013, aber so richtig drin im Thema bin ich noch nicht… Eins sei aber verraten, das was ich bisher gesehen habe, hat mich an einigen Zeilen meines Artikels, der schon seit längerem auf der Festplatte liegt und immer wieder „weitergebaut“ worden ist, zweifeln lassen. Trotzdem habe ich nichts geändert. Auch, um einen Kontrast herausarbeiten zu können- vielleicht in ein bis eineinhalb Jahren mit einem Artikel „Location 3.0“ 😉

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SideScan und DownScan (li.), im Vergleich dazu die „normale“ Echolotansicht zum DownScan (re.)

Matthias

CarpX

CarpX

Karpfenangler, Mechatronik- Ingenieur und Computerbegeisterter. Manchmal etwas cholerisch, meist aber lieb und umgänglich ;)

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